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Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg

Das Handlungskonzept der gewaltfreien Kommunikation von Marshall B. Rosenberg, häufig abgekürzt mit GFK, ist frei von Schuldzuweisungen, Manipulation, Beleidigungen und Beurteilungen. Mit einfachen Techniken hilft sie dabei, Streit zu vermeiden, Konflikte zu lösen, Verständnis zu schaffen und Beziehungen zu vertiefen.


Neben dem Einsatz der GFK in Therapien, in Konflikten oder politischen Verhandlungen ist sie auch im Umgang mit Kindern, Jugendlichen und unseren Partner/innen unglaublich wertvoll. In diesem Beitrag gebe ich einen Einblick in die 4 Schritte und die Grundsätze des Konzepts.





Warum unsere Sprache häufig trennend wirkt


Um zu verstehen, wie das Konzept der gewaltfreien Kommunikation funktioniert, schauen wir uns zuerst an, warum es die GFK überhaupt braucht.


Unsere Beziehungen funktionieren grösstenteils über verbale und nonverbale Kommunikation. Leider setzen wir unsere verbale Sprache im Alltag häufig unbewusst so ein, dass sie trennend wirkt und wir einander sogar Gewalt antun.


Wie kommt das?

Wenn sich jemand entgegen unserer Wertvorstellung verhält, gehen wir davon aus, dass diese Person etwas Falsches tut. In solchen Situationen sagen wir dann oft Sätze wie: "Du bist wieder mal so egoistisch.", "Nie machst du das, was ich sage." oder "Immer lässt du deine Wäsche überall herumliegen." Wir bringen sehr schnell unsere Beurteilung in Situationen mit hinein.


Mit solchen Aussagen verurteilen wir unser Gegenüber. Wir machen Vorwürfe. Dadurch fühlt sich die angesprochene Person beleidigt und persönlich angegriffen, weshalb sie auf die Kritik an ihrer Person anstatt auf den sachlichen Inhalt reagiert. Viel zu oft endet eine solche Situation in einem Wortgefecht, bei dem beide Parteien nur verlieren können.


Nun geht es aber nicht darum, alles herunterzuschlucken, was uns nicht passt und zu schweigen, um Konflikte zu vermeiden. Bei der GFK geht es darum, WIE etwas kommuniziert wird. Es geht darum, trotz klarer Botschaft nicht zu verurteilen und trennen, sondern Verständnis und Nähe zu schaffen.


Ein wichtiger Grundsatz der gewaltfreien Kommunikation ist daher, dass nicht nur das "Was", sondern auch das "Wie" zählt. Die Techniken der GFK helfen uns dabei, einfühlsamer miteinander zu sprechen.


Die 4 Schritte der gewaltfreien Kommunikation


Die GFK besteht aus folgenden 4 Schritten:


1. Beobachtung

Wenn eine Situation kritisch wird und du merkst, dass sie dich triggert oder negative Emotionen in dir auslöst, solltest du zunächst nur einmal objektiv zu beobachten. Stell dir folgende Fragen: Was genau passiert? Wie ist die Situation objektiv zu beschreiben? Was siehst, hörst, riechst du?


Achte darauf, dass deine Gefühle in diesem Schritt nicht deine Wahrnehmung trüben. Sei sachlich und neutral, als würde ein Aussenstehender die Situation betrachten. Beschreibe deine Wahrnehmung deinem Gegenüber wertfrei.


Mögliche Formulierung: Ich sehe, dass in deinem Zimmer noch Spielsachen, Hefte und Kleider auf dem Boden liegen. Unsere Abmachung war, dass du bis heute Mittag aufgeräumt hast.


2. Gefühl

Im zweiten Schritt stellst du dir die Frage: Welches Gefühl löst die Situation in mir aus? Macht sie mich wütend, glücklich oder traurig? Irritiert sie mich? Fühl in dich hinein. Spüre, was die Situation mit dir macht und beschreibe deine Gefühle möglichst genau.


Es ist ganz wichtig, diese beiden ersten Schritte voneinander zu trennen. Normalerweise führen wir sie beide unbewusst gleichzeitig durch und bewerten direkt, was wir wahrnehmen. Das erschwert es, die Situation zu verstehen.


Mögliche Formulierung: Wenn ich das sehe, macht mich das wütend.


3. Bedürfnis

Werde dir nun klar darüber, welches deiner Bedürfnisse gerade verletzt wird oder nicht erfüllt ist. Welches Bedürfnis versteckt sich hinter deinem Gefühl? Ist es das Bedürfnis nach Wertschätzung / Ordnung / Unterstützung ...?


Hier gelangst du zu einer Liste mit Bedürfnissen. Sie kann dir dabei helfen, mehr Klarheit darüber zu finden, was das Bedürfnis hinter deinem Gefühl sein könnte.


Mögliche Formulierung: Mir ist wichtig, dass wir in unserer Wohnung Ordnung haben und jeder seinen Beitrag dazu leistet und sein eigenes Zimmer aufgeräumt hält.


4. Bitte

Beim letzten Schritt geht es darum, deinen Wunsch so auszudrücken, dass dich dein Gegenüber versteht. Deine Bitte sollte stets positiv und konkret formuliert sein!

Sag, was du möchtest und nicht, was du nicht möchtest! Negative Formulierungen stiften oftmals Verwirrung und Widerstand.


Welche Bitte hast du an dein Gegenüber? Was wünschst du dir von ihm? Was soll sich ändern?


Mögliche Formulierung: Darum wünsche ich mir, das du heute bis zum Abendessen dein Zimmer aufgeräumt hast. Ich möchte, dass alle Spielsachen, Hefte und Kleider im Schrank oder im Regal verräumt sind und keine Sachen mehr auf dem Boden herumliegen.



Mögliche Stolpersteine


Die Anwendung der 4 Schritte braucht etwas Übung. In den folgenden Abschnitten nenne ich ein paar Stolpersteine, die auftauchen könnten und gebe dir ein paar Tipps mit auf den Weg.


Beobachtung von Bewertung trennen

Beobachten, ohne zu beurteilen, ist eine grosse Kunst und braucht Übung. Im Alltag vermischt sich unsere Wahrnehmung sehr schnell mit unseren Empfindungen. Wenn wir es schaffen, diese beiden Schritte zu trennen und wertfreie Aussagen zu machen, können viele Missverständnisse vermieden werden.


Beispiel:

"Du findest alle meine Vorschläge schlecht."

Diese Aussage beinhaltet eine Beurteilung und einen Vorwurf.


Tipp 1: Vermeide Generalisierungen wie "nie", "alle" oder "immer" und beschreibe deine Beobachtung möglichst spezifisch. Dabei helfen bspw. Zahlen, die benennen wie oft etwas passiert ist. Bsp. "In den letzten 10 Minuten hast du mir 3 Mal widersprochen. "


Tipp 2: Ich-Botschaften formulieren. Vermeide Aussagen, die mit Du beginnen wie "Du machst, ...", "Du bist ..." und beschreibe stattdessen, was du wahrnimmst in der Ich-Form. "Ich beobachte, dass ..." ".


Eine wertfreie Formulierung vom obengenannten Beispiel wäre: "Ich stelle fest, dass du mit meinen letzten vier Vorschlägen nicht einverstanden warst."


Vermeide Generalisierungen, sei spezifisch und formuliere Ich-Botschaften.

Gefühle genau benennen

Die meisten Menschen verfügen über ein sehr kleines Gefühlsvokabular. Wenn wir einander fragen "Wie geht es dir?" antworten wir meist ganz einfach mit "gut", "nicht schlecht" oder so ähnlich.


Hier sind ein paar Ideen, wie du deine Gefühle im zweiten Schritt des GFK beschreiben kannst:


Das macht mich wütend / traurig / fuchsteufelswild

Ich bin frustriert / niedergeschlagen / müde

Ich fühle mich hintergangen

Dein Verhalten gibt mir das Gefühl, dass du mich nicht ernst nimmst.

Passt fast immer: Das irritiert mich.


Hier gelangst du zu mehreren Listen mit vielen weiteren Gefühlsausdrücken. Sie können dir dabei helfen, deine Empfindungen besser einzuordnen und zu beschreiben.


Eigene Bedürfnisse anerkennen und formulieren

Wir sind es nicht gewohnt, unsere Bedürfnisse zu kommunizieren. Im Alltag äussern wir uns meist nur darüber, wenn sie nicht erfüllt sind. Dies tun wir in Form von Schuldzuweisungen.


Beispiel:

Du hast ein grosses Bedürfnis nach Sauberkeit und Ordnung. Dein Partner aber lässt gerne seine schmutzige Wäsche herumliegen. Vermutlich wirst du mit ihm nicht über dein Bedürfnis sprechen, sondern ihn beschuldigen, unordentlich und rücksichtslos zu sein. Er wird dann wahrscheinlich zum Gegenangriff übergehen, um sich zu verteidigen.


Mit GFK kannst du dein Bedürfnis wertfrei kommunizieren, ohne deinen Partner zu beleidigen: "Heute ist das dritte Mal diese Woche, dass deine schmutzige Wäsche auf dem Boden liegt, wenn ich nach Hause komme. Das stresst mich total. Mir ist wichtig, dass die Wohnung sauber und ordentlich ist. Kannst du deine Socken wegräumen, bevor ich heimkomme?"


Vor allem Frauen fällt es oftmals schwer ihre Bedürfnisse zu formulieren, da sie während Jahrhunderten so erzogen wurden, ihre Bedürfnisse stets in den Hintergrund zu stellen. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es jedoch sehr wichtig, dass wir unsere Bedürfnisse kennen und diese auch klar kommunizieren.


Wir können viele Missverständnisse vermeiden, indem wir unsere Bedürfnisse klar kommunizieren.

Hier findest du einen Überblick, welche Arten von Bedürfnissen es überhaupt gibt. (Bemerkung: Du musst etwas runterscrollen, zuerst erscheinen Listen zu den Gefühlen.)



Tipp: Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern einführen


Selina von Butterfly Journey hat tolle Materialien erstellt, um mit Kindern die gewaltfreie Kommunikation einzuführen und zu üben. Es gibt eine Version für kleinere Kinder und eine für ältere Kids. Hier gelangst du zu den Materialien:




 

Quellenangaben und weiterführende Links:

https://starkekids.com/gewaltfreie-kommunikation-mit-kindern/



 


Ich hoffe, dieser kurze Einblick in die gewaltfreie Kommunikation von Rosenberg hilft dir dabei, durch einfühlsame Sprache mehr Nähe in deinen Beziehungen und im Speziellen zu deinem Kind zu schaffen.


Wie immer freue ich mich auf dein Feedback.



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